Persönliche Erklärung von Stadtrat Lars Haise zur 3G-Regel im Gemeinderat während der Corona-„Alarmstufe“
Liebe Schorndorfer,
liebe Freunde,
gestern wurden wir durch die Stadtverwaltung informiert, dass bei Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen künftig in der sogenannten „Alarmstufe“ die 3G-Regel (Geimpft, Genesen oder Getestet) sowohl für Besucher als auch Gremiumsmitglieder gelten soll. Das ist in meinen Augen die nächste Eskalationsstufe, die rein gar nichts mit der Pandemiebekämpfung zu tun hat, sondern lediglich der weiteren Spaltung und dem Ausschluss bestimmter Bevölkerungsteile dient.
Ich bin selbst geimpft – und zwischenzeitlich, obwohl ich dies seit 01.08.2021 bin, auch genesen. Ich war trotzdem Träger des Virus und hätte dieses auch an andere Menschen übertragen können. Dass dies möglicherweise nicht so war oder nur sehr wenige weitere Menschen getroffen hat, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass ich mich trotz meiner vollständigen Impfung mit einem mRNA-Impfstoff weiterhin regelmäßigen Tests unterzogen habe. Die Infektion konnte dadurch früh-, wenn nicht sogar rechtzeitig entdeckt werden.
Geimpfte und Genesene müssen bei diesen Gemeinderatssitzungen keinen negativen Test vorweisen. Sie können aber dennoch, wie ich selbst am eigenen Leib erfahren habe, das Virus in sich tragen und dadurch, völlig unbemerkt, zum Superspreader werden. Sie gefährden damit also auch all jene, die ungeimpft (also: einfach nur gesund), aber dafür negativ getestet sind. Wenn es also tatsächlich um die Pandemiebekämpfung ginge, müssten sich ALLE negativ testen lassen.
Die Verwaltung ruht sich auf ihrer Position aus, dass sie rechtlich keine Handhabe hätte. Das ist formal richtig, denn die Verordnungen werden von der Landesregierung verfasst. Worauf sie sich allerdings nicht ausruhen kann, ist die Tatsache, dass sie den Sitzungssaal im Rathaus seit geraumer Zeit technisch für hybride Gemeinderatssitzungen ausgestattet hat und diese Technik schlicht nicht genutzt wird. Würden wir das tun, hätte ich die Möglichkeit, auch von zu Hause aus digital an Debatten und Abstimmungen teilzunehmen und alle anderen, die sich dem 3G-Diktat unterwerfen wollen, könnten gemütlich im Sitzungssaal statt in der Künkelin-Halle sitzen.
Ich frage deshalb den Ersten Bürgermeister Thorsten Englert: Warum nutzen wir diese Möglichkeit nicht schon längst, wie es beispielsweise in anderen Kommunen bereits der Fall ist, wo der Landesgesetzgeber dies doch extra wegen der Corona-Pandemie legalisiert hat? Das wird im Übrigen auch Teil meiner rechtlichen Überprüfung sein, ob hierdurch eine Anfechtbarkeit der Beschlüsse entsteht, da Teile des Gremiums faktisch ausgeschlossen werden.
Nun kann sich jeder der Kollegen im Gemeinderat selbst überlegen, ob man unter diesen Vorzeichen mit gutem Gewissen dieses Spiel weiter mitspielen kann. Oder ob wir nicht im 21. Jahrhundert ankommen und zeigen sollten, dass wir in der Lage sind, die verfügbare innovative Technik für unsere Arbeit zu nutzen. Ohne Ausgrenzung.
Meine mir zustehende Aufwandsentschädigung für mein Stadtratsmandat werde ich indes nicht in die eigene Tasche stecken, sondern stattdessen – wie es bei mir ohnehin üblich ist – einem guten Zweck zukommen lassen.
Lars Haise