Rede von Kreisrat Christian Throm zur Begründung des Antrags auf Überarbeitung der Konzeption der „Fachstelle Demokratieförderung und Rechtsextremismusprävention“ am 10.07.2017 (es gilt das gesprochene Wort):
Sehr geehrter Herr Landrat,
werte Kolleginnen und Kollegen,
„Solche deplatzierten Äußerungen kann man ernsthaft eigentlich gar nicht kommentieren.“ So äußerte sich Angela Merkel zu den Nazi-Vergleichen des türkischen Staatspräsidenten Erdoǧan. Da hat die Bundeskanzlerin ausnahmsweise recht. Es wäre allerdings an der Zeit, dass sie sich einmal zu den in Deutschland grassierenden Versuchen äußerte, irgendwelche Parallelen zum Nationalsozialismus zu konstruieren.
Ich meine damit ausdrücklich nicht das legitime Vorgehen der wehrhaften Demokratie gegen ihre Feinde: gegen diejenigen, die immer noch in den Protagonisten des NS-Unrechtsregimes ihre Vorbilder sehen.
Ich meine die Nazi-Keule als politische Alltagswaffe, mit der man Andersdenkende diffamiert und ausgrenzt, um sich nicht mit ihnen auseinandersetzen zu müssen. Und diese Verwahrlosung der politischen Kultur in unserem Lande muss man sehr wohl kommentieren.
Ein Beispiel dafür findet sich in der inzwischen vom Jugendhilfeausschuss beschlossenen Konzeption der Fachstelle Rechtsextremismus. Die „Situation von Rechtsextremismus im Rems-Murr-Kreis“ wolle man hier beschreiben, so heißt es, unter anderem in Bezug auf „Wahlergebnisse“. Dabei sei das Abschneiden der AfD „[b]esonders hervorzuheben“. Wieso eigentlich?
Sie können über die AfD denken, was Sie wollen, aber Privatmeinungen dürfen keine Grundlage staatlichen Handelns sein. Belastende Aussagen über die AfD als Ganzes oder ihre Gliederungen im Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg wären hier aufzuführen gewesen. Aber die würde man vergebens suchen, weil es sie nicht gibt.
Hinzu kommt, dass die AfD prinzipiell keine Personen als Mitglieder aufnimmt, die irgendwann einmal extremistischen Parteien oder Organisationen angehörten. Das kann nicht jede Partei von sich behaupten.
Trotzdem ist hier eine kommunale Behörde im Begriff, die AfD an eine Art von modernem Pranger zu stellen. Dies ist ein schwerer Verstoß gegen das Gebot der politischen Neutralität der Verwaltung und gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, zu deren Wesensmerkmalen die Chancengleichheit der politischen Parteien gehört.
Wer im Mittelalter am Pranger stand, war seinen Mitbürgern preisgegeben. Wenn Sie nunmehr die AfD anprangern, geben Sie die AfD Rems-Murr sozusagen zum Abschuss frei. Seien Sie sich dieser Verantwortung bewusst.
Dass uns Gefahr von linksextremer Seite droht, die sich durch dieses Pamphlet bestärkt fühlen muss, haben Mitglieder der AfD Rems-Murr bereits erfahren und hat auch die AfD-Kreistagsgruppe schon vor ihrer ersten Kreistagssitzung erahnen können. In der „Konzeption“ wird der Linksextremismus indessen systematisch verharmlost, durch die manipulative Aufbereitung statistischen Materials, wo Äpfel mit Birnen verglichen werden, und durch beschönigende, wenn nicht rechtfertigende Wortwahl („antifaschistisch“).
Einen sogenannten „Hausbesuch“ von Linksextremisten kann man aber niemandem wünschen. Das ist nicht so, als ob der Arzt käme. Mit Drohungen, Verleumdungen, Angriffen auf ihr Eigentum sollen Menschen auch hier im Rems-Murr-Kreis eingeschüchtert und von der Wahrnehmung ihrer bürgerlichen Rechte abgehalten werden. Leider zum Teil mit Erfolg: Nicht alle Vorfälle wurden zur Anzeige gebracht, aus Angst, dass dann alles noch schlimmer wird. Mancher hat sich sogar ganz aus der politischen Arbeit zurückgezogen.
Wenn sich Leute anmaßen zu entscheiden, wer seine Bürgerrechte ausüben darf und wer nicht, bekämpfen sie die Demokratie. Was gibt es denn da zu verharmlosen? Ich will doch nicht hoffen, dass hier bei einigen die berüchtigte „klammheimliche Freude“ im Spiel ist. Wir jedenfalls verurteilen Übergriffe auch dann, wenn sie sich gegen Andersdenkende richten.
An linksextremer Propaganda scheint indessen niemand Anstoß zu nehmen, selbst wenn sie zu Straftaten aufruft. Wie sonst wäre zu erklären, dass im öffentlichen Raum des Rems-Murr-Kreises immer wieder Aufkleber zu sehen sind wie solche, die brennende Polizisten zeigen, versehen mit der freundlichen Ermunterung „light the fire of change“? Wie ernst man solche Aufrufe nehmen muss, haben gerade die letzten Tage und Nächte wieder einmal gezeigt.
Das alles will man anscheinend nicht wahrhaben. Und von der islamistischen Bedrohung ist in der „Konzeption“ praktisch gar keine Rede. Nur die bösen „Rechtspopulisten“ scheinen die Mulitkulti-Idylle zu stören. Woran der oder die Verfasser bei dem Begriff Rechtspopulismus u. a. denken, wird klar, wenn hier von einer „Aktualität im Jahr 2016“ die Rede ist – gemeint sind offenbar die Erfolge der AfD bei den letztjährigen Landtagswahlen.
Diese Erfolge, die sich gerade auch im Rems-Murr-Kreis besonders erfreulich manifestierten, werden in der „Konzeption“ so erklärt:
„Einstellungen, welche typisch für den Rechtsextremismus sind, sind auch in der Mitte der Gesellschaft zu finden“. Dazu zählt man die sogenannte „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, ein Kriterium, das sich linke Sozialwissenschaftler ausgedacht haben, um Teile der Gesellschaft für infam zu erklären. Man scheut sich nicht einmal, in der „Konzeption“ Christoph Butterwegge als Gewährsmann heranzuziehen, der einst wegen Linksextremismus aus der SPD ausgeschlossen wurde. Meine Damen und Herren, wollen Sie sich tatsächlich in so eine Gesellschaft begeben?
Ganz besonders verwerflich ist die Behauptung, es gebe einen fließenden Übergang und somit keinen qualitativen Unterschied zwischen dem sog. Rechtspopulismus und dem Rechtsextremismus, zumal Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung auch von sog. Rechtspopulisten akzeptiert werde.
Wenn man die Metapher vom fließenden Übergang aufnehmen würde, wäre die AfD eine Art politischer Durchlauferhitzer, aus dem am Ende so etwas wie der NSU herauskäme. Auch solche böswilligen Unterstellungen, pseudowissenschaftlich verbrämt, können staatliches Handeln nicht rechtfertigen.
In Wahrheit will man Bürger aus der Mitte der Gesellschaft an den Rand drängen oder besser gesagt in die Gosse werfen. Und in diesem Sinne will man also die Jugendlichen des Rems-Murr-Kreises indoktrinieren, möglicherweise gegen die eigenen Eltern. Wer sind denn hier die gruppenbezogenen Menschenfeinde?
Wir hatten bisher den Eindruck, dass Sie bemüht seien, jedenfalls mit uns im Kreistag als politischen Gegnern professionell umzugehen. Nun aber scheint sich etwas zu ändern. Mit der Annahme der neuen „Konzeption“ der Fachstelle würden Sie uns offiziell zu Feinden erklären.
Bitte korrigieren Sie dies, schließen Sie sich unserem Antrag an, die „Konzeption“ zu überarbeiten. Zumindest die zwei Sehfehler – auf dem linken Auge blind und mit dem rechten mehr zu sehen, als überhaupt vorhanden ist – müssen behoben werden, bevor dieses Papier zu einem offiziellen Dokument des Rems-Murr-Kreises wird.
Denken Sie auch über den Tag hinaus. Niemand weiß, wie die Kreistagswahl 2019 ausgehen wird. Belasten Sie nicht ein zukünftiges Arbeitsverhältnis mit einer AfD-Fraktion mit solchen Anwürfen.
Sollte die Konzeption unverändert beschlossen werden, wäre dies nicht nur moralisch ein Unrecht. Wenn der Rems-Murr-Kreis in Schulen und Jugendzentren gegen die AfD agitiert, mithin eine politische Partei bekämpft, gegen die objektiv nichts vorliegt, dann bewegt er sich auch juristisch auf ganz dünnem Eis.
Bitte bedenken Sie dies und lehnen Sie einen Antrag nicht mechanisch ab, nur weil er von den „Falschen“ gestellt wurde.