CDU-Vorstoß zu einem Hinweisgeberportal geht AfD-Fraktion nicht weit genug
(Schorndorf, 07.12.2020) Bei der Sitzung des Verwaltungs- und Sozialausschusses (VSA) am 03.12.2020 wurde über einen CDU-Antrag beraten, der die Einrichtung eines „Hinweisgeberportals“ für Angestellte der Stadt und der Eigenbetriebe bzw. Tochterunternehmen vorsieht. Mit dem Antrag ist die CDU aus Sicht der AfD-Fraktion allerdings zu kurz gesprungen und auf halber Strecke stehen geblieben. Hierzu kommentiert der Fraktionsvorsitzende, Lars Haise: „Die CDU hat, wie alle anderen Altfraktionen auch, in den zurückliegenden Jahren ihre Aufsichtspflicht dem Unternehmen Stadtwerke gegenüber sträflich schleifen lassen. Bis heute ist mir unerklärlich, dass diese Fehlentwicklungen, die bei den Stadtwerken bekannt wurden, noch nicht einmal zu den Aufsichtsräten oder zumindest dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Matthias Klopfer, durchgedrungen sein sollen. Jetzt zeichnet ausgerechnet Hermann Beutel, der in den zurückliegenden zehn Jahren dem Aufsichtsrat der Stadtwerke angehörte und wie viele andere nichts gesehen und gehört haben will, einen Vorschlag, der aus unserer Sicht zwar Hände besitzt, dem aber die Füße fehlen.“
Der Antrag der CDU-Fraktion bleibt in der Analyse recht oberflächlich. Für Angestellte der Verwaltung, der Tochterunternehmen und der Eigenbetriebe soll ein „Hinweisgebersystem“ eingerichtet werden, über das Mitarbeiter Fehlentwicklungen an einen „Mittler“ kundtun können. „Besonders schwach ist der Antrag vor allem deshalb, weil die Christdemokraten ziemlich wässrig beschreiben, wer denn diese Stelle genau besetzt. Da von einem externen, unabhängigen Dritten nicht konkret die Rede ist, gehen wir davon aus, dass lediglich ein Arbeitsplatz im Rathaus diese Eingaben sichten soll. Für die großen Einzelfälle braucht es aber zusätzlich einen unabhängigen, externen Beauftragten, an den sich die Mitarbeiter wenden können, wenn interne Kanäle versagen, zum Beispiel bei fehlerhaftem Verhalten von hierarchisch hochstehenden und exponierten Personen“, so Lars Haise weiter. „Eine weitere große Schwäche ist, dass auch kein jährlicher Bericht vorgesehen ist, der den Gemeinderat über Fehlentwicklungen und die eingeleiteten Abhilfemaßnahmen in Kenntnis setzt, wie es heute in vielen Unternehmen bereits Teil einer modernen Unternehmenskultur ist“, ergänzt Stadtrat und Rechtsanwalt Ulrich Bußler, der im Umgang mit „Compliance“ in Unternehmen, die ein solch zweigleisiges Meldesystem etabliert haben und hierüber auch Berichte erstellen, auch auf seine eigene Berufserfahrung zurückblickt.
Zurückweisen wollen Bußler und Haise auch den Vorwurf von Hans-Ulrich Schmid (SPD), der in seiner Wortmeldung bei der VSA-Sitzung der AfD-Fraktion vorwarf, Misstrauen impfen zu wollen: „Sogenannte Compliance-Systeme sind in Städten, wie zum Beispiel der Landeshauptstadt Schwerin, aber auch in mittelständischen und großen Unternehmen bereits Teil einer modernen Unternehmenskultur. Darunter übrigens auch namhafte Firmen wie die Deutsche Bahn, die Deutsche Post, die EnBW oder die Lufthansa. Alles Unternehmen, die entweder ganz oder zu erheblichen Teilen in staatlichem Eigentum sind. Diesen eine von Misstrauen geprägte Kultur vorzuwerfen wäre doch sehr weit hergeholt und bestenfalls ein weiterer Beweis dafür, wie weit sogenannte Sozialdemokraten wie Schmid von der Lebenswirklichkeit in der Arbeitswelt entfernt sind.“
Die Verwaltung hat im Rahmen der VSA-Sitzung ihrerseits einen Verfahrensvorschlag eingebracht, den auch die AfD-Fraktion im Wesentlichen mitgehen kann. Ende 2021 soll die sogenannte „EU-Whistleblower-Richtlinie“ in nationales Recht überführt werden. „Es ist klug, hier das Endprodukt des Gesetzgebers noch einmal abzuwarten, um teure Korrekturen an einem vorzeitig etablierten System zu vermeiden. Unabhängig vom Ausgang des Gesetzgebungsverfahrens werden wir allerdings darauf pochen, dass neben einer internen Meldestelle auch ein externer und unabhängiger Beauftragter eingesetzt wird und zusätzlich zum Vorhandensein eines effektiven Meldesystems ein jährlicher Bericht an den Gemeinderat erstellt wird“, schließt Lars Haise ab, verbunden mit der Hoffnung, dass sich ein größeres Desaster wie zu Jahresanfang bei den Stadtwerken so schnell nicht wiederholt.